Eigentlich wollten wir nur den Putz ausbesser und die kreative Elektrik erneuern. Aber manchmal kommt es eben etwas anders… Beim Herausnehmen einer Steckdose roch es plötzlich auffällig nach Teer. Ich ahnte nichts Gutes, als irgendein schwarzes Zeug hinter der Dose zum Vorschein kam.
Nach etwas Popeln und Recherchieren war klar, um was es sich handelte: eine Bitumenpappe als Dampfsperre zur Wand, die gleichzeitig als Putzträger diente. So was wurde wohl in den 70er Jahren tatsächlich freiwillig verbaut. Wenn man weiß, dass man so etwas unter dem Putz hat, gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Zu schmieren und vergessen, oder alles runter und neu machen.
Da das Belassen von Bausünden und Altlasten nicht zu meinen Kernkompetenzen zählt, kam nur die zweite Option in Betracht.
Also erst mal alles runter, was auch schon eine ganz nette und vor allem staubige Angelegenheit war. Immerhin kam eine weitgehend intakte Backsteinwand zum Vorschein.
Nach dem alles ab und entsorgt war, stellte sich die Frage, wie es weiter gehen sollte. Es handelt sich um eine Wand auf der Grundstücksgrenze in Richtung Westen, die von außen verputzt ist. Feuchtigkeitsschäden waren nicht erkenbar. In diesem Stadium konnte man schon ahnen, dass die Wand, wenn man sie sauber verfugen würde, ein Schmuckstück werden könnte. Aber natürlich war auch schon klar, dass das eine zeitintensive Arbeit werden würde.
Trotzdem entschieden wir uns dafür und begannen mit dem Neuaufbau:
- Abschlagen aller Putzrest und Bürsten der Steine
- Auskratzen der Fugen
- Neu verfugen
Was sich schnell schreibt und liest, zog sich über einen längeren Zeitraum. Zum Reinigen der Steine hat sich eine Nylonbürste auf dem Schwingschleifer bewährt, zum Auskratzen der Fugen ein rundes Stemmeisen in Fugenbreite.
Zum Verfugen verwendeten wir selbst angerührten Kalkmörtel (Sand, Kalkhydrat und Wasser). Beim Sand wählten wir grauen Mauersand aus dem Baumarkt, der ein farblich stimmiges Bild erzeugte. Wichtig ist, dass man die Fugen ausreichen vornässt. Die Steine saugen das Wasser auf, wie ein Schwamm. Beim Füllen der Fugen helfen verschiedene Werkzeuge: Große (rechteckige) Maurerkelle als Platte und verschieden breite Fugenkellen. Man nimmt eine Portion Mörtel auf die (mit dem Griff nach unten gehaltene) Maurerkelle und schiebt den Mörtel mit der Fugenkelle portionsweise in die Fuge. Auch diese Arbeit braucht ihre Zeit.
Es hat sich bewährt, nicht zu ordentlich zu arbeiten, sondern die Fugen großzügig zu verfüllen. Nachdem der Mörtel angetrocknet ist, kann man die Überstände ganz einfach mit einer Drahtbürste abbürsten. Dabei entsteht ein rustikales Bild, was sehr gut zu einer rustikalen Wand passt.
Man kann gut sehen, dass diese Wand 1898 nicht als Sichtwand gebaut wurde. Auf Gleichmäßigkeit wurde keine Rücksicht gelegt und teilweise liegen Steine hochkant. Auch drei Löcher (vermutlich vom Gerüst) haben wir gefunden und mit alten Teilstücken gefüllt.
Uns gefällt das rustikale Resultat sehr. Und es ist eine ‚echte‘ Wand und kein verblendeter Fake.
Hier noch mal die Arbeitsschritte vom alten Putz bis zur fertigen Wand am Beispiel eines Teilstückes: